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Gertrud Frey

1952 bis 2022, Schweiz

Gertrud Frey wuchs in Bülach, im Kanton Zürich, in ärmlichen Verhältnissen in einer Arbeiterfamilie mit sechs Kindern auf. Ihr Vater war Lagerarbeiter.

Sie absolvierte eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und erhielt 1974 ihr Diplom. Für Gertrud Frey war das Erlernen eines angesehenen Berufs wichtig, wie sie in ihren handschriftlichen Erinnerungen betont. Danach arbeitete sie als Kindergärtnerin, aber auch als Reinigungskraft und Zeitungsausträgerin. 1983 bis 1984 übte sie eine künstlerische Tätigkeit in der Roten Fabrik in Zürich aus, wo sie ein Atelier in Untermiete hatte. Sie lebte in Wohngemeinschaften und besetzten Häusern im Umfeld der autonomen Szene in Zürich. Gertrud Frey wurde als Rebellin wahrgenommen, die sich gegen gesellschaftliche Verhältnisse auflehnte, und immer auf der Suche war. Gleichzeitig wurde sie als schüchterne, naive Träumerin beschrieben. Hausbesetzungen, Demonstrationen, Alkohol und Männerbekanntschaften zählten zu ihrem Alltag.

Angeregt durch ein Buch über Mutter Teresa wollte sie sich von diesem bisherigen Leben lossagen und dem Glauben und der Armut zuwenden. Schlafstörungen und Psychosen folgten, ebenso ab 1985 Aufenthalte in psychiatrischen Krankenhäusern in der Schweiz. 1986 bis 2012 lebte sie in einer Wohngemeinschaft für Frauen mit psychischen Problemen, immer wieder unterbrochen durch Aufenthalte vor allem in der psychiatrischen Klinik Burghölzli, und war als Künstlerin tätig. Nach mehreren Versuchen, sich das Leben zu nehmen, verlor sie ihren Platz in der Wohngemeinschaft. Danach kann sie nicht mehr zeichnen. Sie zieht in eine Pflegeeinrichtung und kann teilweise in einer geschützten Werkstatt arbeiten. 2022 starb sie im Krankenhaus Münsterlingen im Kanton Thurgau an Corona.

Als Künstlerin war Gertrud Frey Autodidaktin, die von 1990 bis 2012 zeichnete. Sie brachte überwiegend farbenkräftige Papierarbeiten zumeist mit Wachskreiden und Farbstiften zumeist in einem Format von 60 x 40 cm in die Welt. Ihre Motive bestehen einerseits aus abstrakten geometrischen Mustern und Formen, wie beispielsweise Mandalas, Wellenlinien oder Jaquard-Muster. Möglicherweise suchte sie in diesen strengen strukturierten Kompositionen Harmonie, Ordnung und psychischen Halt. Andererseits zeichnete sie Menschen im Kontext von Wohnsituationen, oft von hinten aus einem Fenster in die Landschaft schauend und eine Stimmung von Sehnsucht oder ein Detail thematisierend. Ihre einzige Ausstellung fand 1990 in dem Gemeinschaftszentrum Riesbach statt. Ihre Werke wurden medial wahrgenommen, aber nur eine einzige Arbeit verkauft.

Nach ihrem Tod entdeckten ihre Geschwister über 600 Werke und erkannten in dem gleichbleibend hohen Niveau die künstlerische Qualität der Arbeiten von Gertrud Frey. Diese Arbeiten wurden dokumentiert und katalogisiert und als Schenkungen ihrer Geschwister Rita Mantovani und Urs Frey, unterstützt von Max E. Ammann, an europäische Museen und Privatsammler verteilt. Auf diesem Weg kamen ihre Arbeiten u.a. in das Musée Visionnaire in Zürich, das diese in der Gruppen-Ausstellung "Life happens" von Juni bis Dezember 2023 zeigte. Auch das Kansallismuseo – The National Museum of Finland in Helsinki, würdigte die Künstlerin in einer Gruppenausstellung 2023.

Ihre Arbeiten finden sich in den Sammlungen von Korine und Max E. Ammann sowie von Karin und Gerhard Dammann, beide Schweiz.

 

Ausgewählte Arbeiten

 

 

© Hannah Rieger
Alle Rechte vorbehalten

Alle Fotos (Räume und Kunstwerke): Maurizio Maier
Konzept & Layout: VISUAL°S